
Der Tod von Angela Rosbaud. Autopsie
Nach dem Tode meiner Cousine Angela Rosbaud, der Tochter von PR, suchte ich in London zusammen mit Martina die zuständige Polizeistelle auf und bat, in die Akten Einsicht nehmen zu dürfen. Selbstverständlich sei dies kein Problem, meinte der Beamte und ging das Dossier holen, schlug es auf und von diesem Moment an hatte ich den Eindruck, dass er ein Pokergesicht aufsetzte. Er könne mir gar nichts sagen, zuständig sei der Arzt, der die Autopsie gemacht habe, alles weitere soll ich dort erfragen. Er gab mir die Adresse des Arztes.
Martina und ich fuhren in das betreffende Spital. Der Arzt, ein Inder oder Pakistani, empfing uns ausserordentlich zuvorkommend (Ich glaube, genügend Menschenkenntnis zu besitzen um zu merken, wenn ich angelogen werde. In diesem Fall aber kam ich zu keinem eindeutigen Schluss, sei es weil der Arzt sehr routiniert wirkte, sei es weil meine Fähigkeiten auf Europäer begrenzt sind). Er erklärte, dass man nicht habe feststellen können, wie lange die Leiche im Zimmer gelegen habe, dass je nach Temperatur Zersetzungsprozesse einsetzen und dass es sich nicht um Blutspuren sondern um bodyfluid handle.
Er anerbot sich und gab uns die genaue Adresse des Polizisten, der Angelas Leiche als erster gesehen hat. Ich rief auf seinem Posten an und bekam gegen Mitternacht seinen Rückruf ins Hotel. Er erklärte, mich auf seiner Tour besuchen zu können. Ich avisierte dann die Hotelreception, dass ein Polizist in Uniform käme, dies aber sonst keinerlei Bedeutung habe.
Nach Mitternacht erschien dann dieser Polizist, ein typischer Bobby, kompetent, freundlich und hilfreich. Ich bot ihm einen Cognac an und er berichtete, dass man auf dem Posten Angela, die ja gleich nebenan wohnte, gut gekannt habe. Wenn man ihr wegen ihrer MS Hilfe leisten wollte, so habe sie dies stets energisch abgelehnt (richtige Beobachtung).
Er sei dann auf die telefonische Meldung der Mutter hin in das Zimmer von Angela gegangen und hätte die Leiche gefunden. Er sei überzeugt gewesen, dass es sich um Mord oder Selbstmord handle und habe deshalb das Mordkommando benachrichtigt und bis zu dessen Eintreffen dort gewartet.
Die Leiche sei beim Lavabo zusammen gekauert gelegen. Die Hand über dem Kopf und um den Hals herum sei eine Blutkruste gewesen. Bis hierhin habe ich dem Polizisten alles geglaubt, doch nun kam eine Aussage, die mich stutzig machte. Er sagte übrigens, der Arzt hätte ihn über meine Auskunftswünsche benachrichtigt. Er sei nun also allein mit der Leiche im Zimmer in Erwartung des Mordkommandos gewesen. Aus Interesse hätte er die Blutkruste am Hals leicht abgehoben und darunter keine Verletzung gesehen. Eine solche Handlungsweise halte ich bei einem erfahrenen Polizisten schlichtweg für unmöglich.
Der Polizist sagte mir dann noch, dass er über diesen Fall seit jenem Montag nie mehr etwas gehört habe und es sei ihm aufgefallen, dass er nicht zur Autopsie zugezogen worden sei, dabei müsse laut Gesetz derjenige Polizist, der die Leiche als erster gesehen hat, bei der Autopsie dabei sein (es muss belegt werden, dass es sich um die gleiche Leiche handelt).
Diese Frage habe ich dann später gestellt und es wurde geantwortet, dass die Leiche die einzige MS-Leiche zu jenem Zeitpunkt gewesen sei. Damit ist dem Gesetz natürlich nicht Nachachtung verschafft und auch nicht bewiesen, dass die autopsierte Leiche jene von Angela war.
Mit dem Autopsiebericht (er befindet sich bei meinen Akten) bin ich ins Basler Pathologische Institut gegangen. Der dortige Pathologe sagte mir, dass der Bericht typisch für einen Herzinfarkt sei, so typisch, dass er seiner Sekretärin ohne weitere Angaben Auftrag zu so einem Bericht geben könne.
Eigenartig ist, dass in dem Autopsiebericht ausdrücklich steht, der Leichnam hätte keinerlei besondere Verwundungen aufgewiesen. Woher aber die Blutkruste um den Hals komme, wäre dadurch nicht erklärt. Der Polizist hatte gemeint, Angela hätte sich mit einem Brotmesser die Hand verletzt, hätte sich dann wohl zum Lavabo geschleppt, um kaltes Wasser darüber laufen zu lassen und sei dann wohl in Panik geraten, die zu einem Herzinfarkt geführt hätte. Eigenartiger Weise ist das Messer nirgends sonst erwähnt. Es scheint seither verschwunden. Einen Bericht der zugezogenen Mordkommission habe ich nie erhalten und auch nie erfahren, ob es einen solchen Bericht gibt. Aus der von mir und meiner Anwältin mit den englischen Behörden geführten Korrespondenz muss wohl geschlossen werden, dass die Mordkommission keinen offiziellen Bericht abgegeben hat, also zwar auf dem Platz erschien, dann aber von irgendjemandem heimgeschickt worden war oder zwar einen Bericht erstattete, der geheim gehalten wurde.
Im Zimmer von Angela, wo ich nach deren Tod mit Simone und Hilde war, sah man am Boden neben dem Bett (also entfernt von der Stelle, beim Lavabo, wo die Leiche gefunden worden war) deutlich Blutspuren. Der Pathologe aber hatte Blut eindeutig verneint und erklärt, es handle sich um bodyfluid. In meiner offiziellen Anfrage beim zuständigen Coroner (bei den Akten) formulierte ich dann die Frage, wie bodyfluid einige Meter entfernt von der Leiche zu erklären sei, denn Leichen im Zustand der Verwesung pflegten nicht, spazieren zu gehen. Die Antwort des Coroners (bei den Akten) klärte dies alles nicht auf, war aber ausserordentlich geschickt gehalten, so dass ich keine weiteren Schritte für sinnvoll erachtete.
Ich fragte in Basel Professor in Psychiatrie Dr. Raymond Battegay, ob eine an MS schwer erkrankte Person in der Lage sei, sich mit einem Messer die Adern an Hand oder Hals aufzuschneiden um Selbstmord zu begehen, was er eindeutig bejahte.
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