
Gespräche mit Kramish: Buchparty New York und was Cecile ihm erzählte
Arnold Kramish traf ich zum ersten Mal nach diversen Korrespondenzen in New York an der Buchparty für "The Griffin" in der norwegischen Gesandtschaft. Schon im Lift fielen mir die zwei eleganten Herren im Nadelstreifenanzug auf mit Ordensknöpfen im Knopfloch - ehemalige Spione.
Der norwegische Generalkonsul stellte mir eine Frage, die ich nicht beantworten konnte: "Do you have an explanation, why this event takes place in my premises and not in the British?"
Am nächsten Morgen traf ich Arnold Kramish zum Frühstück bei Karfunkel. Ich hatte sein Buch gelesen und sagte ihm, dass ich glaube, sein Untertitel "The greatest untold espionage story of World War II" sei korrekt, und zwar "after I have read your book." Seine Antwort war: "You might be right".
Bei einem späteren Besuch in London, wo wir uns trafen, erzählte mir Arnold, wie er mit der Freundin Cecile von PR bei seinen Recherchen ein Rendez-vous zu vereinbaren versucht habe. Zuerst hätte sie abgelehnt, dann hätte sie schliesslich für genau eine Stunde zugesagt. Er solle aber zur Zeit kommen, denn nach einer Stunde gehe sie. Sie sei dann extra aus Brighton gekommen. Als er rechtzeitig das Kaffee betreten habe, wo sie verabredet hätten, sei sie schon dort gewesen und hätte, als er sich zu ihr gesetzt habe, ostentativ ihre Handtasche geöffnet. Er habe das Gefühl gehabt, damit hätte sie einen Voice Recorder eingestellt. Auch hätte er das Gefühl gehabt, von zwei Herren am Nachbartisch beobachtet zu werden.
Cecile habe ihm erzählt, Angela hätte ein Kind gehabt und dann hätte sie ihm auch erzählt, PR sei, obwohl sie seine Freundin gewesen sei, hin und wieder ins Hurenviertel gegangen und eines Abends sehr zerstört zu ihr zurück-gekommen, weil er dort seine Tochter Angela stehen gesehen hätte. Ich glaubte diese Geschichten nicht. Hilde fragte ich zweimal, ob Angela ein Kind gehabt habe, was sie verneinte. Aus einem der Briefe von Pauli weiss ich, dass sie eine Fehlgeburt hatte. In ihren Kalendern (die ich besitze) hat sie sorgfältig ihre Periode verzeichnet.
Meine Interpretation der Aussagen von Cecile ist die folgende: Weil sie PR in seinen unerlaubten Handlungen (offenbar auch auf dem Totenbett) geholfen hat, wurde sie schwer gerügt (ob und welche Sanktionen, weiss ich nicht). Ihre Pension hängt wohl von ihrem Wohlverhalten ab. Deshalb hat sie das Interview mit Kramish erst zugesagt, als sie dafür die Erlaubnis erhalten hat. Den Voice Recorder benutzte sie zu ihrer eigenen Sicherheit, damit die Behörde ihr nicht erneut Vertrauensmissbrauch vorwerfen kann. Um nun ja nicht Materielles aussagen und auf Fragen antworten zu müssen, erzählte sie erfundene Sexgeschichten, was immer eine persönliche Vertraulichkeit vortäuscht. In jedem Fall ist es ihr gelungen, eine Situation zu vermeiden, in welcher Kramish sie hätte fragen können, was ihr PR damals auf dem Totenbett anvertraut hatte und welche Dienste sie, als Mitarbeiterin des englischen Geheimdienstes, ihm sonst noch geleistet habe.
Bei einem späteren Telefon mit der Schwester von Cecile, als diese schon gestorben war, sagte mir die Schwester, dass sie PR gekannt und sehr nett gefunden habe aber nichts von seiner Tätigkeit geahnt hätte.
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